Lokale Daten prägen globale Impfkampagne

Lokale Daten prägen globale Impfkampagne


Blickpunkt Bethlehem, Nr. 69 - Wissen

Der Leiter des Labors, Dr. Musa Hindiyeh, gab den Anstoss für die Auswertung. (oben)
Foto: © Meinrad Schade

 

Wie das Caritas Baby Hospital über das Rotavirus forschte und damit half, einen Weg zum weltweiten Schutz gegen den Erreger aufzuzeigen. (ras)

Vor 20 Jahren hätte kaum jemand gedacht, dass ein renommiertes wissenschaftliches Konsortium einmal Interesse an den Rotavirus-Datensätzen aus Bethlehem haben würde. Das Team des Caritas Baby Hospital hatte vor langer Zeit begonnen, Informationen über Rotavirus-Erkrankungen in Bethlehem systematisch zu sammeln. «Wir wollten diesen Darm-Infektionen einfach mal auf den Grund gehen und verstehen, wer sich in Bethlehem mit dem Virus ansteckt», berichtet Dr. Hiyam Marzouqa, die Chefärztin des Kinderspitals.

Mit einem bewundernswerten Durchhaltevermögen haben zahlreiche Mitarbeitende seitdem Formular um Formular mit Daten gefüllt. Ein wahrer Schatz wuchs in dem Archiv des Labors heran, bis sich Dr. Musa Hindiyeh, der Leiter des Labors, sagte: «Das muss man doch mal auswerten!»

Eine Unmenge an Papier

Dies war leichter gesagt als getan, denn der empirische Datensatz war inzwischen auf einen Umfang von 18'000 Einträgen angewachsen. Erst nach einer manuellen Eingabe in eine Datenbank würde er verwertbar sein. Dr. Musa war sofort klar, wie diese Aufgabe am elegantesten zu lösen wäre: «Betreuen wir doch eine Master-Arbeit. Das ist schliesslich ein wunderbarer Stoff für einen Studenten!»

Abd ar-Razeq Issa, Master-Student an der Bethlehem University, verbrachte insgesamt zwei Jahre damit, die Voraussetzungen für die Studie zu schaffen. «Die Auswertung zur Verbreitung des Virus öffnete unsere Augen. Auch das palästinensische Gesundheitsministerium zeigte grosses Interesse. Es wurde uns allen sehr schnell klar, dass wir in Palästina flächendeckend gegen das Rotavirus impfen müssen», sagt Dr. Musa.

Interesse an den Daten bekundete auch ein wissenschaftliches Konsortium aus den USA. Dieses Konsortium hatte zum Ziel, eine bezahlbare globale Impfung gegen das Rotavirus aufzuzeigen. Dafür plante es, einen von der Weltgesundheitsorganisation WHO zugelassenen günstigen Impfstoff mit einem teuren Produkt einer grossen Pharmafirma zu vergleichen und die Wirksamkeit beider Stoffe zu testen.

Nachweis für die ganze Welt

Für dieses Forschungsprojekt bot Palästina dank des Datenschatzes des Kinderspitals ein ideales Testfeld. So konnten beide Stoffe vor dem Hintergrund der historischen Daten aus Bethlehem auf ihre Wirksamkeit getestet werden. Als positiver Nebeneffekt wurden währenddessen mehr als 95 Prozent aller palästinensischen Kinder im Westjordanland gegen das Rotavirus geimpft.

Die Forschung ergab, dass mit dem günstigeren Impfstoff ein landesweiter Impfschutz zu einem Bruchteil der üblichen Kosten aufgebaut werden kann. Mit seiner langjährigen Datensammlung hat das Caritas Baby Hospital an diesem Nachweis mitgearbeitet. «So können auch kleine Projekte eine globale Wirkung entfalten», sagt Dr. Musa mit Blick auf die konsequente Datensammlung in Bethlehem.

 

Teilen