Eine mutige Entscheidung

Eine mutige Entscheidung


Blickpunkt Bethlehem, Nr. 70 - Thema

Yakout und ihre Schwestern: zu Hause erhält sie Liebe und Fürsorge. (oben)
Foto: © CBH

Als Kholoud erfuhr, dass ihr ungeborenes Kind mit schweren Schäden zur Welt kommen würde, traf sie eine mutige Entscheidung zugunsten des Kindes. Trotz der Beeinträchtigungen wurde das Mädchen zum Schatz der Familie. Im Kinderspital Bethlehem wird die Entwicklung des Kindes optimal gefördert.

«Da fehlt ein Stück Wirbelsäule», erklärte der behandelnde Arzt mit ernster Miene. «Und das Baby hat ungewöhnlich viel Flüssigkeit im Schädel.» Die Diagnose traf die schwangere Kholoud wie ein Blitz. Ihr viertes Kind sollte mit einer Spaltung der Wirbelsäule, der Spina bifida, geboren werden.

In den darauffolgenden Wochen durchlief Kholoud eine emotionale Achterbahnfahrt. Sie reiste von einem Arzt zum nächsten, von Hebron über Bethlehem bis nach Tel Aviv. «Man sagte mir überall, dass das Kind wahrscheinlich niemals laufen wird.»

Unterstützung seit der ersten Stunde

Inmitten ihrer Ängste und Zweifel fand sie Trost im Glauben. «Ich beschloss, das Kind zu behalten. Gott wird mir dabei helfen.» Diese Entscheidung gab ihr Kraft für die kommenden Monate. Sie empfand das Kind in ihrem Bauch, ein Mädchen, wie einen wertvollen Schatz und gab ihr den Namen Yakout. Er bedeutet «Rubin».

Yakout wurde im Operationssaal eines Spitals in Hebron entbunden. Sofort nach der Geburt wurde sie intensivmedizinisch behandelt und auch am Rückenmark und Kopf operiert. Erst nach sieben Wochen wurde das Mädchen nach Hause entlassen.

Kholoud, eine erfahrene Mutter, widmete sich mit Hingabe der Pflege ihres vierten Kindes. Sie tat dies mit Stolz und liess sich dabei kaum von ihrer Schwiegermutter und Familie helfen. Lediglich ihre drei Kinder, die Schwestern Nour und Aisha (10 und 8 Jahre) sowie Ismail (6 Jahre), durften mit anfassen und entwickelten von Anfang an eine enge Beziehung zur ihrer Schwester.


Das Kinderspital hat fachärztliches Wissen

Als Yakout ein Jahr alt wurde, plagten Kholoud neue Sorgen. «Sie lässt immer alles fallen», bemerkte auch die älteste Tochter Nour. Yakouts kognitive Entwicklung entwickelte sich langsamer als bei anderen Kindern. Daher wandte sich die Familie an Dr. Nader Handal, den pädiatrischen Neurologen im Caritas Baby Hospital.

«Ein Kind braucht für seine persönliche Entwicklung Bewegung, auch wenn es nicht laufen kann», sagt Dr. Nader. «Daher haben wir mit Physio- und Ergotherapie begonnen, um die motorischen Fähigkeiten zu wecken. Darüber hinaus passen wir auf, dass sich keine weitere Flüssigkeit im Schädel sammelt und die Entwicklung des Gehirns beeinträchtigt».

Die ambulante Behandlung, die Kholoud zu Hause akribisch mit Übungen ergänzt, zeigte schon bald einen positiven Effekt. «Dr. Nader und das Team haben uns so viel Unterstützung und Hilfe gegeben: Sie haben Yakouts Probleme von allen Seiten aus betrachtet und uns erklärt, was für unser Kind am besten ist.»

Foto: © Meinrad Schade

Mittendrin im Alltag

Schon bald griff Yakout fester mit ihren kleinen Händen. Ihr Hunger wurde ungestüm. Sie lachte, brabbelte und imitierte Laute. Heute zeigt sie ihr so ansteckend fröhliches Wesen, weshalb sie längst zum Mittelpunkt der Familie geworden ist. Oft thront sie mitten auf dem Sofa und zieht dort die Aufmerksamkeit auf sich. Nur wenn die anderen Kinder auf der Strasse spielen, wird sie traurig. Erst wenn sie, angeschnallt in einem speziellen Gestell, vom Eingang aus zuschauen darf, kehrt ihr Lachen zurück. Yakout ist mittendrin und wird von ihrer Familie und Nachbarschaft integriert.

Ihre Entwicklung macht dank der professionellen Hilfe des Kinderspitals Bethlehem inzwischen gute Fortschritte. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie später einmal eine Schule besuchen wird. «Das wird sie», ist Kholoud überzeugt. «Und irgendwann wird sie auch mal andere Menschen unterstützen. Das ist mein grösster Wunsch.»

 

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