Amal weiss, was Kinder brauchen

Amal weiss, was Kinder brauchen


Blickpunkt Bethlehem, Nr. 69 - Thema

Am Krankenbett und in der Spielstation sorgt sich Amal Hawash um das Wohl der kranken Kinder.
Fotos: © Andrea Krogmann
 

«Das Caritas Baby Hospital hat mein Leben von Grund auf geändert», sagt die palästinensische Christin Amal Hawash. Dass sie 1989 als Kindergärtnerin in dem Spital anfangen konnte, erwies sich als Gewinn für alle Beteiligten. Wenn die 62-jährige Mutter und Grossmutter bald in den Ruhestand tritt, wird sie im Spital vermisst werden. (akr)


Amal Hawash hat nach der zehnten Klasse die Schule verlassen und früh geheiratet – eine Sorge weniger für ihre Mutter, die nach dem Tod des Mannes die Kinder allein durchbringen musste. Auch mit der eigenen Familie hatte Amal später keinen leichten Start. «Ein Zimmer. Küche und Toilette draussen im Hof, und manchmal nicht genug Geld für Brot», erinnert sie sich. Die Wende kam, als eine Freundin sie den italienischen Elisabethenschwestern in der Kinderkrippe des Caritas Baby Hospital vorstellte.

Eine natürliche Gabe

Das war 1989. Amal wurde in der Krippe angestellt, auch ohne Ausbildung. «Ich habe von Gott ein natürliches Talent erhalten. Ich liebe alle Kinder, ich verstehe Mütter und weiss, wie ich sie unterstützen kann», sagt die lebensfrohe Christin aus Beit Sahour. Damals hatte sie bereits zwei Töchter und einen Sohn. Samah, die dritte Tochter, kam wenig später zur Welt – und in die Spitalkinderkrippe.

Auch wenn Amals Kinder heute scherzen, sie könnten sich aus Kindertagen nicht an die Mutter erinnern: Das Kinderspital steht auch bei Amals Kindern hoch im Kurs. Tochter Ghadeer lernte an der dortigen Pflegeschule. Samah trat in die Fussstapfen der Mutter und hilft heute in der Kinderkrippe aus. «Vier Kinder und die Arbeit unter einen Hut zu bringen, das war nicht einfach», sagt die heute 62-Jährige, «aber meine Arbeit hat unser Leben gerettet.»

Unabhängig und selbstbewusst


Amal schaut dankbar auf diese Zeit zurück. «Die Arbeit hat mein Selbstvertrauen gestärkt», sagt sie. Weiterbildungen des Spitals regten sie an, sich auch abseits der Arbeit fortzubilden. Als Kunstlehrerin bringt sie heute ihren Enkelkindern Malen und Basteln bei. «Es ist sehr wichtig, dass Frauen arbeiten können, nicht nur für ihre finanzielle Unabhängigkeit, sondern auch für ihr Selbstbewusstsein. Das sage ich aus eigener Erfahrung», stellt Amal fest. Die Familie hat sie immer unterstützt, ihre Chancen im Spital wahrzunehmen, auch beim Wechsel in die Spielstation des Kinderspitals.

Der Wechsel von der Kinderkrippe in die 2013 eröffnete Spielstation für Patientinnen und Patienten war anfangs hart, erinnert sich Amal. «Aber ich habe gespürt, wie sehr diese Arbeit mit den kranken Kindern benötigt wird.» So sehr, dass Amal es nicht bei ihrer Arbeit auf der Spielstation beruhen lässt. Wann immer sie kann, geht sie mit auf Station. Wäscht Babys, wechselt Bettwäsche und hat für alle ein Lächeln. Die Konfrontation mit den teils schwersten Erkrankungen hat ihr das Geschenk der Gesundheit vor Augen geführt. «Jeder sollte jeden Tag dafür danken, dass er gesunde Kinder hat.»

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