Amal weiss, was die kranken Kinder in Bethlehem brauchen

Amal weiss, was die kranken Kinder in Bethlehem brauchen


Muttertagsgeschichte 2024

Fotos: © Andrea Krogmann

«Das Caritas Baby Hospital hat mein Leben von Grund auf geändert», sagt die palästinensische Christin Amal Hawash. Dass sie 1989 als Kindergärtnerin in dem Spital anfangen konnte, erwies sich als Gewinn für alle Beteiligten. Wenn die 62-jährige Mutter und Grossmutter bald in den Ruhestand tritt, wird sie im Spital vermisst werden. Ein Porträt aus Bethlehem von Andrea Krogmann.

Amal Hawash hat keine Ausbildung. Nach der zehnten Klasse hat sie die Schule verlassen, früh geheiratet - eine Sorge weniger für die Mutter, die nach dem frühen Tod des Vaters ihre vier Kinder alleine durchbringen musste. Auch die eigene Familie der 62-Jährigen hatte keinen leichten Start. «Ein Zimmer. Küche und Toilette draussen im Hof, und manchmal nicht mal genug Geld für Brot», erinnert sie sich. Die Wende kam, als eine Freundin und Kindergärtnerin in der Kinderkrippe des Caritas Baby Hospital sie einer der Elisabethenschwestern aus Padua vorstellte, die bis vor wenigen Jahren im Kinderspital im Einsatz waren.

Eine natürliche Gabe

Das war 1989. Amal wurde in der Kinderkrippe des Spitals angestellt, auch ohne Ausbildung. «Ich glaube, dass ich von Gott ein natürliches Talent erhalten habe. Ich liebe alle Kinder, ich verstehe Mütter und weiss, wie ich sie unterstützen kann», sagt die lebensfrohe Christin aus Beit Sahour. Damals hatte sie bereits zwei Töchter und einen Sohn. Samah, die dritte Tochter, kam wenig später auf die Welt - und in die Spitalkinderkrippe.

Auch wenn Amals Kinder heute scherzen, sie könnten sich aus Kindertagen nicht an die Mutter erinnern: Das Kinderspital steht auch bei ihnen hoch im Kurs. Tochter Ghadeer, 2017 viel zu jung gestorben, lernte an der spitaleigenen Pflegeschule. Samah, die Jüngste, trat in die Fussstapfen der Mutter und hilft heute in der Kinderkrippe aus, wenn Not herrscht. «Vier Kinder und die Arbeit unter einen Hut zu bringen, war nicht einfach», sagt Amal, «aber meine Arbeit im Spital hat uns und unser Leben gerettet.» Dank der Anstellung an der respektierten Einrichtung konnte die Kindergärtnerin ein Haus für die Familie finanzieren.

Unabhängigkeit und selbstbewusst

Es sind nicht zuerst die finanziellen Seiten, auf die Amal nach 35 Jahren dankbar zurückschaut. «Die Arbeit hat mein Selbstvertrauen gestärkt. Ich legte meine Scheu ab», sagt sie. Weiterbildungen des Spitals regten sie an, sich auch abseits der Arbeit fortzubilden. Als Kunstlehrerin bringt sie heute ihren Enkelkindern Malen und Basteln bei. «Es ist sehr wichtig, dass Frauen arbeiten können, nicht nur wegen der finanziellen Unabhängigkeit, sondern auch für das Selbstbewusstsein. Das sage ich aus eigener Erfahrung», stellt Amal fest. Die Familie hat sie immer unterstützt, ihre Chancen im Spital wahrzunehmen, auch beim Wechsel in die Spielstation des Kinderspitals.

Nach fast 25 Jahren mit den Kindern der Spital-Angestellten war der Wechsel in die 2013 eröffnete Spielstation für kleine Langzeitpatientinnen und -patienten ein Sprung ins kalte Wasser, erinnert sich Amal Hawash. Diese Spielstation wurde zusätzlich zur Krippe für die Kinder der Mitarbeitenden eingerichtet und erfüllt therapeutische Zwecke, für die Amal eigentlich nicht ausgebildet war. «Der Anfang war hart, aber ich habe gespürt, wie sehr diese Arbeit mit den kranken Kindern benötigt wird.» So sehr, dass Amal es nicht bei ihrer Arbeit auf der Spielstation beruhen lässt. Wann immer sie kann, geht sie mit auf Station. Wäscht Babys, wechselt Bettwäsche und hat für alle ein Lächeln. Die Konfrontation mit den teils schwersten Erkrankungen, sagt sie, hat ihr das Geschenk der Gesundheit in besonderer Weise vor Augen geführt. «Jeder sollte jeden Tag dafür danken, dass er gesunde Kinder hat.»

Muttertagsgeschichte 2024

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Amal Hawash und ihre Enkelkinder: Auch nach ihrer Pensionierung wird sie weiterhin an der Seite von Kindern sein, um Liebe und Fürsorge zu schenken.

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